Riminis Altstadt: Geschichte und Kultur

Die Geschichte von Rimini beginnt am Strand

Stellen wir uns vor, wir könnten die Zeit zurückdrehen…
…um tausende von Jahren. Wir stehen auf den Dünen
und sehen einen Sandstrand.

Hier und da haben Flüsse und Bäche Geröll bis in die Mündungen getragen. Hinter
uns wechseln kleine Nadelwäldchen mit dicht bewachsenen Grasflecken, dann wieder
sehen wir Eichen, Pappeln, Birken und Waldwiesen.

Das alles ist typisch für ein gemäßigt feuchtes Klima – eine Umgebung, in der
Elefanten, Bisons und Rhinozerosse umherstreifen und von den Menschen gejagt
werden.

Im Jahr 268 v. Chr. überquerten sechstausend Bauernsoldaten mit ihren Familien
die Apenninen und fanden sich in der Ebene des Ariminus wieder.
Auf der Suche nach größeren Weideflächen und mehr Ackerland hatten sie Latium
und Kampanien verlassen und sind nach Norden ins Ager Picenus et Gallicus (Land
des Piceno und der Gallier) gezogen.

Die Gegend zwischen der Romagna und Marken kam nach der Schlacht von Sentino
(295 v. Chr.) und der Niederlage der Senonen gegen die Römer vollständig unter
römische Herrschaft.

Die Abgesandten des römischen Senats hatten hier einen Auftrag: Sie sollten eine
römische Kolonie gründen und sie nach dem Fluss Ariminum benennen.
Die Region zwischen Conca und Rubikon sollte ein unabhängiger Staat innerhalb
des römischen Reiches sein.

In weniger als einem Jahrhundert verwandelten die Pioniere und ihre Nachkommen
die Landschaft in eine bewohnte Gegend ähnlich wie heute: geometrisch geordnete
Felder zwischen abgelegenen Dörfern, ein Netz an Straßen rund um das
Stadtzentrum – alles abgeteilt durch das Meer, die Flüsse und Bäche und von
kleinen Steinmauern.

Das historische Stadtzentrum von Ariminum weist noch heute die typischen Züge
der alten Infrastruktur auf: gelegen am Knotenpunkt verschiedener Straßen und
Mittelpunkt der blühenden Wirtschaft der Umgebung.

Die Straßen (cardines und decumani) laufen parallel und kreuzen sich so, dass
rechteckige Blöcke entstehen (insulae), die damals erst langsam mit Gebäuden
gefüllt wurden.
Die Hauptachsen sind der cardo maximus (heute Via Garibaldi und Via 4 Novembre),
der den Hafen an der Mündung (bei Piazzale Clementini) mit der Via Arretina
verbindet, und der decumanus maximus (heute Corso d’Augusto), der die Via
Flaminia mit der Via Aemilia verbindet.
Dort, wo sie sich kreuzen, am heutigen Piazza Tre Martiri, befand sich das
Forum. Hier fand das öffentliche Leben statt.

Dank archäologischer Funde können wir uns recht gut vorstellen, wie der Platz
ursprünglich ausgesehen hat.
Er erstreckte sich noch weiter in Richtung Meer, bis dahin, wo sich heute die
Via San Michelino in Foro befindet und wurde von den wichtigsten Gebäuden der
Stadt gesäumt: Da war die Basilika, wo alle Rechts- und Geschäftssachen geregelt
wurden, und ein Amphitheater, das zur Zeit des Kaisers Augustus im ersten Block
Richtung Norden gebaut wurde.
Außerdem befanden sich auf dem Forum Ehrenmäler, Statuen und Gedenktafeln, die
an die Kaiser und Förderer der Stadt erinnerten.

Nach der Legende hat Julius Caesar genau hier, in Ariminum seine
berühmte Rede an seine Soldaten gehalten, nachdem er den Rubikon überschritten
hatte und in der er sie darauf einstimmte, dass sie nun in Richtung Rom
marschieren würden.

Augustusbogen
"Arco d'Augusto"

Der Augustusbogen in Rimini, dem antiken Ariminum, ist ein eintoriger Ehrenbogen, der im Jahr 27 v. Chr. zu Ehren von Augustus errichtet wurde.
Er ist einer der ältesten erhaltenen römischen Ehrenbögen und repräsentiert eine frühe Form des Bautyps, wie sie auch auf gleichzeitigen Münzen zu finden ist.

Der Bogen erhob sich am Ende der von Rom kommenden Via Flaminia und war integriert in die Stadtmauer Ariminums, deren südöstliches Tor er bildete.
Von hier nahm stadteinwärts der Decumanus maximus, die längere der beiden Hauptstraßen der Stadt, seinen Verlauf, um auf der gegenüberliegenden Seite in der Via Aemilia nach Placentia zu enden.

Der Augustusbogen, in der aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammenden Stadtmauer, ersetzte ein Stadttor sullanischer Zeit.
Die heute freie Stellung des Bogens ist Folge der in den 1930er Jahren durchgeführten Beseitigung der alten Stadtmauer. Ursprünglich wurde der Bogen von polygonalen Türmen flankiert, von denen nur wenige Reste erhalten sind.

Tiberiusbrücke
"Ponte di Tiberio"

Unser Stadtrundgang geht weiter zur Tiberiusbrücke, deren Bau laut Inschrift an der Brüstung 14 n. Chr. noch von Augustus begonnen und im Jahr 21 von seinem Nachfolger Tiberius vollendet wurde.

Die gut 70 Meter lange Brücke aus istrischen Steinen hat fünf Bögen, die auf kräftigen, mit Wellenbrechern versehenen, Pfeilern ruhen.

Die Wellenbrecher sind schräg zur Fließrichtung angebracht, um die enorme Kraft des Stromes abzuschwächen.

An dieser Brücke beginnen die Via Aemilia und die Via Popillia, und so verschmelzen hier praktische Bauweise mit dem Harmonischen und Monumentalen, das die Macht der Erbauer widerspiegelt.

Die Verehrung der Kaiser kann man besonders an der Inschrift erkennen, aber auch an den Verzierungen, die symbolhaft für die politische (Lorbeerkranz und Schild) und religiöse (Priesterstab lituus, Krug und patera für die Opfer) Macht des Kaisers stehen.

Die Werke von Augustus kann man wohl mit gutem Recht als Beispiele eines typisch römischen Planes für Politik und Kultur verstehen.

Riminis Altstadt

Archäologische Ausgrabung “Domus del Chirurgo”
"Das Haus des Chirurgen"

Der archäologische Komplex Domus del Chirurgo, an der Piazza Ferrari, ist ein kleines Pompei im Herzen von Rimini.

Der archäologische Komplex hat eine Fläche von mehr als 700 Quadratmetern und wurde 2007 eröffnet.
Er bietet viele Informationen über das Leben in dieser Stadt vor 2000 Jahren.

Die Überdachung des Komplexes schützt die Überreste und schafft gleichzeitig einen hausähnlichen Rahmen für den Besuch.

Die Ausgrabungen begannen 1989 auf Anregung der Superintendentur für das archäologische Erbe der Region Emilia Romagna und förderten eine palastähnliche antike römische Residenz zutage, ein Haus mit frühmittelalterlichen Gräbern, also Spuren von Lebenden und Toten, und dazu spätmittelalterliches und neuzeitliches Mauerwerk.

Der Besuch dieses Komplexes ist wie eine Reise in die Römerzeit. In einen archäologische Komplex, ein Haus eines Arztes/Chirurgen in Rimini.

Unweit vom antiken Hafen entstand hier im 2. Jh. n. Chr. das Haus, was wir jetzt „Haus des Chirurgen“ nennen - weil der letzte Besitzer offensichtlich ein Arzt war, ein Arzt mit griechischen Wurzeln. In der Mitte des 3. Jahrhunderts wurde diese Residenz durch einen (wahrscheinlich von einfallenden Stämmen gelegten) Brand zerstört.

Doch unter den Trümmern befanden sich Mauerreste, Mosaike, Putz und Einrichtungsgegenstände. Diese Funde ergeben jetzt ein Bild vom Leben in Ariminum.

Die Mosaike und das teilweise immer noch von farbenfrohen Fresken verzierte Mauerwerk zeigen eine Residenz von privaten und beruflich genutzten Räumen. Die Böden der taberna medica (Klinik) waren mit einem vornehmen farbigen Mosaik ausgelegt, in dessen Mitte Orpheus zu sehen ist.
Der Einsturz hat diese Böden versiegelt und vor weiterer Zerstörung bewahrt. Dadurch blieb auch ein außergewöhnlicher medizinhistorischer Fund erhalten, der reichste der gesamten Antike.

Die Geschichte dieses Hauses endet jedoch nicht mit dem Feuer. Im fünften Jahrhundert wurde über dem Vorderteil der antiken Residenz eine spätantike Residenz erbaut, die wieder palastähnlichen Charakter hatte: Aufwendige Mosaike und ein ausgeklügeltes Heizsystem lassen auf neuen Wohlstand der Bewohner schließen.

Ab dem 6. Jh. war das Leben an diesem Ort jedoch zu Ende, denn mehrere Grabfunde deuten darauf hin, dass man diese Stätte wahrscheinlich schon im 7. Jh. als Begräbnisstätte nutzte. Auf dem westlichen Teil wurde aus Holz und Lehm (und anderem, bereits gebrauchtem Baumaterial) ein neues Gebäude erbaut, das im Frühmittelalter zerstört wurde. Danach blieb diese Fläche offensichtlich ungenutzt.

Die Archäologische Sektion des Stadtmuseums widmet dem Haus des Chirurgen besondere Aufmerksamkeit.
Dort kann man die fast originalgetreue wieder aufgebaute taberna medica betreten und die bedeutendsten Funde der Ausgrabung bestaunen.

Die Glasscheibe aus dem triclinium (Speisesaal) ist ein besonderes Schmuckstück aus der hellenistischen Tradition - ein seltener und wertvoller Wandschmuck (griech. pinax), ähnlich einer in Korinth um die Mitte des 3. Jh. hergestellten Scheibe: Auf der mittleren Scheibe heben sich auf meerblauem Untergrund die Mosaike einer Brasse, einer Makrele und eines Delphins ab, die in das geschnittene Glas eingelegt sind.

Piazza Tre Martiri (Forum)

Im Forum, das heute Piazza Tre Martiri heißt, zeigen Auslassungen noch das Kalksteinpflaster aus der Zeit von Augustus.

Damals bedeckte dieses Pflaster den gesamten Platz, an den sich im Norden das aus gebrannten Ziegeln gemauerte Amphitheater und im Süden der Bogen anschloss.

Dieser Platz erinnert aber auch an Julius Caesar - durch eine Bronzestatue und dem Meilenstein, der am Anfang der Via 4 Novembre steht.

Laut Legende hielt er auf diesem Forum die leidenschaftliche Rede an seine Armee nach der Überschreitung des Rubikon und vor dem Marsch auf Rom (was jedoch nicht verbürgt ist).

Dieser Legende nach stand Caesar während der Rede auf einem großen Stein - der bis zum zweiten Weltkrieg auf dem Sockel des 1555 errichteten Meilensteines seinen Platz gehabt haben soll.

Piazza Cavour

Der Malatesta-Tempel
"Tempio Malatestiano"

Der Malatesta-Tempel, Basilika und Kathedrale der Diözese Rimini

Auch wenn die Kathedrale von Rimini, die seit 1809 im Malatesta- Tempel untergebracht ist, nicht zu den ältesten dieser Gegend zählt, ist sie doch die berühmteste und bedeutendste Kathedrale der Provinz.

Ursprünglich unterstand sie dem Orden der Benediktiner, später dem der Franziskaner, bis sie auf Wunsch Napoleons I. zur Kathedrale geweiht wurde. Wie die frühere, zu Beginn des 19. Jahrhunderts zerstörte Kathedrale trägt sie den Namen Santa Colomba, aber ihre ursprüngliche Bezeichnung war Santa Maria in Trivio bzw. später San Francesco.

Nach der Neuerrichtung im elften Jahrhundert durch die Franziskaner befand sich die Kirche am Stadtrand, neben einem großen Friedhof, auf dem sich die Grabmäler der bedeutendsten Bürger der Stadt befanden, darunter natürlich auch die Stadtherren Malatesta, die den Heiligen Franziskus hoch verehrten und viel für die friedensstiftenden Aktivitäten der Franziskaner übrig hatten.

Man vermutet, dass Giotto am Ende des elften oder am Beginn des zwölften Jahrhunderts - auf Auftrag der angesehenen Familie Malatesta - die Fresken in der Apsis gemalt hat: leider ist uns vom Werk des großen toskanischen Meisters heute nur ein großer auf Holz gemalter Kruzifix erhalten geblieben, dessen Enden beschädigt sind. 1447 begann Sigismondo Malatesta, hier zwei höfische Begräbniskapellen errichten zu lassen, eine für sich und eine für seine damalige Geliebte (und spätere Ehefrau) Isotta degli Atti. Später gelobte er, den Tempel komplett renovieren zu lassen und kurz nach 1450 begannen die Arbeiten: die Außengestaltung erfolgte nach den “modernen“ Plänen von Leon Battista Alberti, während die Innenräume weiterhin im traditionell gotischen Stil - so wie die beiden ersten neuen Kapellen - unter der Leitung von Matteo de’ Pasti und Agostino di Duccio errichtet wurden.

Das Gebäude, das nach den ursprünglichen Plänen Albertis mit einer großen Kuppelrotunde versehen werden sollte, wurde wegen der Exkommunikation von Sigismondo (1460), seiner Niederlage (1463) und seinem Tod (1468) nie vollendet. Die Pläne und das Modell, das vom Architekten angefertigt und vom Bauherrn - und natürlich auch von den Franziskanern, die weiterhin die rechtmäßigen Eigentümer der Kirche blieben - genehmigt wurde, sind nicht überliefert; das einzige Zeugnis für dieses Projekt ist eine von Matteo de’ Pasti nach eigenem Entwurf gegossene Medaille, die Aufschluss über das geplante Endergebnis vermittelt.

Obwohl der Malatesta-Tempel nie vollendet wurde, ist er dennoch wegen seiner an die Antike anlehnenden Außenarchitektur und der reichen Innenausstattung mit den eleganten Skulpturen von Agostino di Duccio, eines der bekanntesten und bedeutendsten Monumente der frühen Renaissance. “Wahrscheinlich gibt es außer vielleicht der Kuppel des Doms von Florenz - der Santa Maria del Fiore -, kein anderes Monument, das so wie der Malatesta-Tempel für sich das Recht in Anspruch nehmen kann, der Inbegriff der Renaissance zu sein“, schrieb Cesare Brandi im Jahr 1956.

Auch die Zeitgenossen wussten den Wert dieser neuen Tendenz richtig einzuschätzen. Man kann mit gutem Gewissen behaupten, dass dieses Gebäude bereits während seiner Errichtung fast als ein Symbol der Renaissance - und all ihrer Gegensätzlichkeiten - erachtet wurde.

Castel Sismondo Malatesta

Castel Sismondo ist eine Burg in Rimini.

Vom Originalbau, am 20. März 1437 vom Herrscher von Rimini Sigismondo Malatesta begonnen, ist heute nur noch der zentrale Kern erhalten, der ursprünglich von einer weiteren Runde von Mauern und einem Wassergraben umgeben war.

Nach zeitgenössischen Chroniken soll Malatesta die Burg selbst entworfen haben.
Es ist jedoch bekannt, dass mehrere Architekten am Bau beteiligt waren, darunter Filippo Brunelleschi, der 1438 zwei Monate in Rimini tätig war.

Der Bau der Burg dauerte 15 Jahre. Im ursprünglichen Zustand war die Burg von einem Ravelin umgeben, der am Haupttor das Wappen der Adelsfamilie Malatesta trug. Die Wände sollen dick genug gewesen sein, um allen in Europa damals bekannten Geschützen standzuhalten.

Obwohl die Burg ursprünglich außerhalb der Stadt gebaut worden war, waren alle Türme stadtwärts gerichtet.
In der älteren Forschung wurde dies oft in Zusammenhang mit dem gängigen Bild Sigismondos Malatestas als eines Despoten gesehen, der in ständiger Angst vor einer Erhebung der Bevölkerung gegen ihn lebte.

Helen Ettlinger konnte dies jedoch widerlegen und zeigen, dass das Castel tatsächlich eine sehr effektive Maßnahme zur Verteidigung der Stadt nach außen darstellte und unter Einbeziehung der neuesten technischen Innovationen der Zeit im Festungsbau gestaltet wurde.

Der zentrale Teil der Burg war die Residenz des Herrschers und die Zimmer mit Teppichen, Vorhängen und Fresken geschmückt.

Sigismondo Pandolfo Malatesta starb hier im Jahre 1468. Im Jahre 1821 wurde die Burg in eine Kaserne für die Carabinieri umgewandelt.
Fünf Jahre später wurden die Außenwände abgerissen und der Graben verfüllt.
Heute wird das Gebäude für Ausstellungen genutzt.